Der Tupilak ist eines der stärksten und anerkanntesten kulturellen Symbole Grönlands, dessen Existenz auf das menschliche Rachebedürfnis früherer Zeit zurückzuführen ist. Er wurde aus verschiedenen Knochen und Gegenständen hergestellt, mit Magie zum Leben erweckt und dann im Meer ausgesetzt, um die Person zu finden, an der Rache geübt werden sollte.
Heute ist der Tupilak zu einer künstlerischen Ausdrucksform geworden, bekannt vor allem als kleine aus Knochen geschnitzte Figur. Doch nicht alle folgen dieser heute vorherrschenden Erzählweise.
In Sisimiut lebt der 42-jährige Architekt und Künstler Mike Jakob Kristiansen, der an einem Tag im Jahre 2010 ganz plötzlich ein neues Tupilak-Universum erschaffen hat, welches seitdem wächst und wächst.
„Es hat alles damit angefangen, dass ich meiner Tochter Tupilak-Geschichten erzählt habe”, berichtet Mike, als wir uns in seinem Zuhause treffen, welches mit seinen Zeichnungen und Gemälden dekoriert ist.
„Als meine Tochter schlafen gehen sollte, sprachen wir darüber, was die Geschichte beinhalten sollte und dies wurde dann zeitgleich auch gezeichnet. Am Anfang habe ich nicht viel darüber nachgedacht, doch entwickelte sich daraus ein Skizzenbuch, wie ich es sonst für eine architektonische Arbeit anlege.“
„Genau so plötzlich tauchten diese Figuren auf und in ganz kurzer Zeit, tatsächlich wenigen Monaten, entstand eine schwarz-weiße Bilderserie mit Tusche, die in meiner ersten Ausstellung gezeigt wurde, die ganz einfach ,Tupilak’ hieß.”
Die Geschichten für meine Tochter wurden auch gleich aufgezeichnet.
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„In erster Linie als etwas bizarr. Ich war von der stereotypen Tupilak-Darstellung gelangweilt, die überall zu sehen war. Deshalb habe ich zu Beginn viele verschiedene Motivgruppen vermischt.”
„Seitdem habe ich mich von der Strichzeichnung entfernt und mehr zu einem Street Art inspirierten Collagestil mit Neonfarben und Graffiti-Referenzen hin entwickelt. So arbeite ich heute mit Tusche, Aquarell und Acryl.”
„Es gibt Leute, die sich aus meinen Tupilaks Tätowierungen haben stechen lassen. U.a. hat eine Frau aus Aasiaat eine Tätowierung mit drei Tupilak-Figuren auf der Innenseite des Oberarmes. Die Zeichnungen symbolisieren ihre Kinder und wenn sie ihren Arm zum Körper führt, hat sie ihre Kinder ganz nah am Herzen.”
„Außerdem habe ich Tupilaks auf ein Kendamaer gemalt, dieses japanische Holzspielzeug, bei dem man mit einer an einem Stab befestigten Kugel spielt. Das war eine ganz schöne Herausforderung, da die Oberfläche kugelrund ist.”
„Zuletzt habe ich mit Drucktechniken gespielt, um mich selbst herauszufordern. Außerdem habe ich begonnen mit neuen und andersartigen Materialien zu experimentieren, z.B. mit dem Gold-Glitter von meiner Tochter, den man einfach im Supermarkt kaufen kann und der spannende Farbeffekte ergibt.”
„Und was die Zukunft angeht? Sicher bin ich mir nur, dass es eine große Veränderung geben wird und ich vielleicht Skulpturen oder etwas anderes Wildes machen werde.”